Sonntag, 2. November 2014

Ein tierisches Auf und Ab

Es gibt immer schöne und hässliche Seiten eines Berufs. Und dass der Beruf des Landwirtes (wir wollen ja politisch korrekt bleiben und nicht "Bauer" sagen) oft hässliche, bzw. stinkende/ dreckige/ zu frühe/ zu späte/ zu kalte/  Fliegenreiche/ laute... Seiten hat, ist kein Geheimnis. Und trotzdem macht es Spaß, immer wieder bewundernstwert.
Der Punkt, zu dem ich hier viel zu lange einleite, ist die erste Totgeburt die ich miterlebt habe. Skipholt hat eine sehr geringe Rate an Totgeburten, maximal 4 pro Jahr. Aus diesem Grund war auch mal ein Spezialist hier um zu schauen was hier anders gemacht wird als sonst wo, aber er konnte nichts feststellen, vielleicht sind es die skipholtischen Gene oder so. Mein siebter Sinn hat mich schon vermuten lassen, dass das Kalb nicht mehr unter uns weilt als ich es da hängen sah. Am Abend vorher habe ich schon gesehen das Kuh 703 bald soweit ist - ihre Fruchtblase hing attraktiv zwischen ihren Hinterbeinen. Sie war mehr als genervt und versuchte mit ihrem Schwanz die mit Wasser gefüllte Hautblase
Hier ein überaus ansehnliches Beispiel
loszuwedeln. Ohne Erfolg. Als ich sah wie eine andere Kuh interessiert dran roch befürchtete ich schon, dass sie einfach dran schleckt - oder noch schlimmer: reinbeisst! Ich traue denen mittlerweile alles zu. Vor zwei Wochen habe ich sogar einen angefutterten Hundefutterbeutel bei ihnen in der Tränke gefunden und ich suche immer noch eine Erklärung wie er das reinkommt und wie wohl Plastik schmecken mag...
Aufjedenfall hing also das Kalb schon trocken halb hinten raus. Es gab zu dem Fakt das es leblos ist aber noch zwei Probleme. 1. es lag in Steißlage, also Hintern zuerst, und 2. es lag auf dem Rücken. Mit viel Kraftaufwand musste Gyda also das Kalb erstmal so rum drehen dass es auf dem Bauch liegt. Danach wurden die Hinterläufe des Kleinen an den Minitraktor gebunden der für das Füttern gebraucht wird. Bjarni zog also mit der Maschine an den Beinen, Gyda spreizte den Ausgang für das Kalb und ich gab der Mutterkuh seelischen beistand. Als der Leichnam endlich auf den Boden plumpste fing die Mutter schon wieder genüsslich an zu futtern. Das Kalb wurde kurzerhand nach draußen geschleift und in die Mülltonne verfrachtet. So schnell kann es vorbei sein bevor es überhaupt begonnen hat. Ich muss sagen ich dachte, mich würden solche Todesfälle mehr berühren. Aber nachdem ich mal nachgefragt habe was den mit der Kuh 658 sei (sie ist bei den Milchkühen ohne Halsband und ohne entwickelten Euter = sie hat noch nie gekalbt) und mir gesagt wurde, dass sie aufgrund eines Steinfötus bald zum Schlachter kommt und mich das in keinster Weise seelisch beunruhigt hat, bin ich mir sicher, dass ich einen emotionalen Abstand zu Nutztieren gewonnen habe. 
Am Samstag gingen Gudrun, Gyda und ich spontan zu einem Freundschaftsspiel der hiesigen Basketballmannschaft gegen die zweite Besetzung der Meistermannschaft der 1. Liga. Man sah den Unterschied schon im Altersdurchschnitt, aber auch an der Körpergröße, an der Ausdauer, an der Technik und auch an dem Sponsor. Der Erstligist hatte unteranderem Subway auf der Hose prangen, Flúðir jedoch wurde von der hier ansässigen Pilzzucht unterstützt. Wir verloren mit 43 zu 107, aber das war zu erwarten. Am süßesten war jedoch die Halle in der gespielt wurde. Da es nur eine kleine Gemeinschaft hier ist, bekam der Ort eine Sondergenehmigung auch die Sporthalle kleiner zu bauen als eigentlich die Norm ist. Und deswegen gibt es auch keine Tribüne sondern nur herangeholte Stühle und Bänke. Und wie fast überall, muss man sich auch hier die Schuhe ausziehen! Als ich das erste mal zur Bücherei gefahren bin, habe ich das Schild mit einem durchgestrichenen Schuh zuerst vom treuen Internet übersetzen lassen, weil ich mir nicht sicher war ob ich jetzt  wirklich die Schuhe ausziehen soll! 

Den Lämmern ging es  heute Nachmittag an die Wolle - ein Winterschnitt musste her! Und so schrumpften sie um die Hälfte und sehen somit noch hilfloser aus, als sie es sowieso schon sind. Die anderen 40 Schafe haben wir jetzt auch nach Hause getrieben. Nun warten sie auf ihre himmelsfahrt Fahrt mit dem großen LKW zur letzten Bestimmung... diese haben wir natürlich nicht geschoren.


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